Hamburg

24.10.1941

Das Foto zeigt die Ankunft der Deportierten am 24. Oktober 1941 am Logenhaus. Auf dem Gehweg vor dem Logenhaus in der Hamburger Moorweidenstraße 36 stehen Menschen zwischen beschriftetem Gepäck in kleinen Gruppen, sie begrüßen sich, unterhalten sich und warten. Das Foto wurde aus erhöhter Position vermutlich aus dem Gebäude aufgenommen. 

Anmerkungen

Hamburg, 24.10.1941
Leuchtfarbe
Gepäck
Gepäckbeschriftung
Fensterabsatz
Personen im Gespräch
Laub
Ranzen
Fahrzeug

Das Verfolgungsereignis

De­por­ta­ti­on von Ham­burg nach Litz­mann­stadt am 25.10.1941

Die erste Deportation von Hamburger:innen erfolgte am 25. Oktober 1941. Unter den 1034 Deportierten waren vor allem Menschen unter 65 Jahren. Laut „Evakuierungsbefehl“ mussten sie sich am 24.10.1941 in der Sammelstelle in der Moorweidenstraße 36 einfinden. Diese befand sich in dem Gebäude, das ehemals der Provinzialloge zu Niedersachsen gehört hatte. Sie mussten bis zu 50 kg Gepäck, darunter Bettzeug, Proviant für zwei Tage und 100 Reichsmark mitbringen. Vor Ort wurden sie von Mitgliedern der Jüdischen Gemeinde versorgt. Nach einer Nacht im Logenhaus unter sehr schwierigen Bedingungen wurden sie mit Mannschaftswagen der Polizei zum Hannoverschen Bahnhof gebracht. Der Zug, begleitet von Ordnungspolizisten des Reserve-Polizeibataillons 101 fuhr um 10.10 Uhr ab und erreichte am 26. Oktober1941 das Ghetto Litzmannstadt. Die Sterblichkeitsrate im Ghetto war hoch. Ein Teil der Menschen wurde zur Zwangsarbeit eingesetzt. Im August 1944 wurde das Ghetto aufgelöst und die Überlebenden nach Auschwitz verschleppt. Nur neun der Verschleppten haben die Verfolgung überlebt.

Über die Bild­se­rie

Die Serie besteht aus drei Aufnahmen, die in einem Fotoalbum Bernhardt Colbergs überliefert sind. Colbergs Album ist chronologisch angelegt. Die drei Aufnahmen sind mit der zeitlichen Einordnung „Okt. 1941“ versehen. Die Bilder zeigen die Ankunft und den Abtransport der deportierten Hamburger:innen an der Sammelstelle im Gebäude, das ehemals der Provinzialloge zu Niedersachsen gehörte, in der Hamburger Moorweidenstraße 36, Angehörige der Jüdischen Gemeinde, die die Betroffenen an der  Sammelstelle versorgten, uniformierte Polizisten sowie vermutlich Beamte der Gestapo und der Finanzbehörde.

Die abgebildeten Personen konnten bisher nicht namentlich identifiziert werden.  

Fotograf:in

Bern­hardt Col­berg, Po­li­zist

Es ist unklar, ob die Aufnahmen von Bernhardt Colberg angefertigt wurden oder er sie von jemand anderem erhielt und in sein Album eingefügte. Colberg wurde 1900 in Hamburg geboren, heiratete 1924 Emmi Berger, 1925 wurde Sohn John Hans geboren. Bernhardt Colberg war kaufmännischer Angestellter und ab Ende 1935 Reservist bei der Polizei. Laut seiner Personalkarteikarte war er weder Mitglied der NSDAP noch der SS. Von Oktober 1940 bis April 1941 war er mit dem Reserve-Polizeibataillon 101 im Ghetto Litzmannstadt.  Am 20.12.1941 wurde er als Oberwachtmeister der Schutzpolizei in den aktiven Polizeidienst übernommen. Es folgten mehrere Beförderungen. Er starb 1951 bei einem Autounfall. Colberg fotografierte gern und viel. Er dokumentierte insbesondere die Familiengeschichte für den engen Familien- und Bekanntenkreis. Die hier untersuchten Fotos der Serie sind in einem von insgesamt drei überlieferten Fotoalben enthalten.

Überlieferung

Die drei Bilder der Serie stammen aus einem privaten Fotoalbum des Hamburger Polizisten Bernhardt Colberg. Das Fotoarchiv des United States Holocaust Memorial Museums (USHMM) erwarb das Album zusammen mit zwei weiteren vom Händler Michael O’Hara. Die Alben umfassen insgesamt über 1200 Fotos. Es handelt sich um eine private Sammlung, die sowohl Familienaufnahmen, Freizeitaktivitäten wie auch Diensttätigkeiten zeigt. Die Bilder wurden vom USHMM zunächst als Fotos der Deportationen von Hamburger Juden interpretiert. Auskünften des Hamburger Staatsarchivs folgend wurden sie dann jedoch als Bilder der Evakuierung wohnungsloser Personen nach alliierten Luftangriffen verzeichnet.

Si­gna­tur bei der be­sit­zen­den En­ti­tät:

United Sta­tes Ho­lo­caust Me­mo­ri­al Mu­se­um Pho­to Collec­tions #47462

Be­zeich­nung des Bil­des bei der be­sit­zen­den En­ti­tät:

Ger­mans who are the vic­tims of Al­lied air raids are gathe­red at an as­sem­bly point on the Moor­wei­den­stras­se in Ham­burg pri­or to their evacua­ti­on by mem­bers of Po­li­ce Bat­tali­on 101.

Danksagung

Ein besonderer Dank gilt Dr. Jürgen Matthäus, der auf die Bilder aufmerksam machte. Ebenso sei den folgenden Fachkolleg:innen gedankt, die ihre Expertise in einem digitalen Kolloquium am 13.3.2025 zur Verfügung gestellt haben: Hendrik Althoff, Dr. Linde Apel, Dr. Wolf Gruner, Wolfgang Kopitzsch, Dr. Anna Menny und Dr. Maximilian Strnad.

Text und Re­cher­che: Ali­na Bo­the, Hen­ri­et­te Har­tung, Kris­ti­na Vagt und Jo­han­na Schmied.

Kooperationsverbund #LastSeen.
Bilder der NS-Deportationen

Dr. Alina Bothe
Projektleiterin

c/o Selma Stern Zentrum für Jüdische Studien Berlin-Brandenburg
Freie Universität Berlin
Habelschwerdter Allee 34A
14195 Berlin
lastseen@zedat.fu-berlin.de